Gemeinde Geschichte und Gebäude
Die Martinsgemeinde ist die jüngste evangelische Gemeinde Bernburgs.
Ende des 19. Jahrhunderts wurden im Zuge der Industrialisierung Bernburgs (z.B. Solvay-Werke, Kalisalz-Bergbau) neue Wohnquartiere für die Bergstadt Bernburgs erschlossen. Die Gründerzeit lässt sich an der weitgehend erhaltenen Bausubstanz ablesen, die Einwohnerzahl der Stadt stieg.
Pfarrkirche war die Schloßkirche St. Aegidien, doch wurde durch die zunehmende Bevölkerungszahl eine weitere Kirche notwendig. Diese entstand in den Jahren 1884–87 als neogotischer Sandsteinbau. Von 1887–91 war das neue Bauwerk Filialkirche der Schloßkirchengemeinde, dann wurde die Gemeinde mit ihrer Kirche rechtlich selbständig.
Eine besondere Rolle spielte die Kirche im Zuge der gesellschaftlichen Umgestaltung im Jahr 1989 (der „Wende“), als sie zum zentralen Ort für die Bürger Bernburgs wurde.
1991 wurde entschieden, dass die Gemeinde ihre Arbeit mit Kindern intensivieren und dafür einen bisher staatlichen Kindergarten übernehmen möchte. 2003 kam die Trägerschaft des Hortes an der Ev. Grundschule Bernburgs hinzu. Seit 2004 reifte der Plan, zum langfristigen Erhalt der Kirche und der Gemeinde ein generationsübergreifendes Zentrum zu errichten, in dem sich jung und alt tagtäglich begegnen können und sonntags regulär Gottesdienst gefeiert wird. Dieses Martinszentrum nahm 2007 seinen Betrieb auf.
2019 fusionierte die Kirchengemeinde des ehemaligen Dorfes und seit Jahrzehnten Stadtteils „Dröbel“ mit der Martinsgemeinde. In der dort befindlichen klassizistischen Kirche finden seit Jahren Konzerte, aber keine anderen Gemeindeveranstaltungen mehr statt.

St.Stephanus Dröbel:
Anstelle der heutigen Klassizistischen Kirche aus dem Jahre 1828 gab es zuvor eine romanische Kirche, deren Ersterwähnung in das Jahr 1207 datiert wird. Auch sie war nach dem Märtyrer Stephanus benannt. Sie besaß ursprünglich einen achteckigen Turm, der wegen Baufälligkeit Ende des 19. Jahrhunderts abgetragen und 1879 durch einen Turmneubau ersetzt wurde. Er besteht aus einer von Säulen getragenen Kuppel, die durch ein Kreuz ihren Abschluss findet. Statt des früheren Oktogons wurden jedoch nur vier Säulen errichtet.
Die heutige Kirche ist ein Hallenbau mit vier großen Fenstern, die beide Seiteneingänge flakieren. Eine an Theaterränge erinnernde dreigeschossige Empore befindet sich an der Westseite, an der Ostseite der Altarbereich. Neben und über dem schlichten Altartisch ist ein Wandbild aus dem Jahr 1947 mit Szenen bäuerlicher Frömmigkeit in der typischen Landschaft der Bernburger Umgebung zu sehen.
Die Kirche besitzt zwei Glocken. 1916 wurden sie zu Rüstungszwecken abgegeben und 1924 durch neue ersetzt; sie können seit Jahren nicht mehr geläutet werden. Auch eine Orgel ist nur noch Attrappe. Ein besonderer Schatz in Dröbel ist der um die Kirche herum angelegte historische (seit Jahrzehnten nicht mehr neu belegte) Friedhof. Die ältesten heute noch vorfindlichen Gräber sind Barockgräber vom Ende des 17. und Beginn des 18. Jahrhunderts. Es finden sich auch Kindergräber aus jener Zeit.
Martinskirche Bernburg:
Sie entstand in den Jahren 1884–87 als neogotischer Sandsteinbau. Ihr Kennzeichen ist der weithin sichtbare 58 Meter hohe spitze Westturm, in dessen oberen Bereich eine Plattform Aussicht (bei guter Fernsicht bis zum Harz) bietet. Eine weitere architektonische Besonderheit ist, dass durch die sehr schmalen Seitenschiffe die dreischiffige Saalkirche mit polygonal geschlossenem einschiffigen Chor eine Einheitlichkeit des Innenraumes bietet, die für Hallenkirchen eher untypisch ist. Die Ausstattung des Bauwerkes ist bis zum jüngsten Umbau weitgehend original erhalten geblieben, lediglich die ursprünglichen Bronzeglocken (und Kupferleuchter) mussten infolge des Ersten Weltkrieges durch ein Stahlgußgeläut (und Holzleuchter) ersetzt werden. Der Innenraum ist in gedeckten ocker-, sand- oder braungetönten Farben gehalten, denen dunkelbraune Holzfarbtöne kontrastieren. Besonders im Chorraum wird das deutlich: Hier sind Wände und Fensterlaibungen mit hellen Farben gestrichen, Wandteppiche bringen einen rötlichen Kontrast, auf ihnen finden sich u.a. die Evangelistensymbole; diese wiederum zieren auch die sandfarben-braunen Fliesen des gesamten Chorraumes. Adler, Stier, Engel und Löwe finden sich auch an der Kanzel wieder. Blickfang für den östlichen Bereich der Kirche sind die farbigen Chorfenster; sie sind ornamental gestaltet, lediglich das mittlere bietet Martin Luther und Philipp Melanchthon, Christus als Weltenherrscher flankierend. (Ein Sakristeifenster zeigt den Hl. Martin von Tours, doch ist die Kirche nach Martin Luther benannt.) Eine Besonderheit stellt das ikonographische Programm des Altares dar, denn hier finden sich unter einem Kruzifix vier Plastiken alttestamentlicher Figuren: Abel, Melchisedek, Isaak und Aaron. Die Kirche besitzt auf der Westempore eine dreimanualige Rühlmann-Orgel aus den Jahren 1897/1900 mit 33 Registern und pneumatischer Traktur.
Mit dem Umbau verlor die Kirche die festen Kirchenbänke, nunmehr bieten Stühle im vorderen Schiffsbereich sowie auf den Emporen Sitzgelegenheit. In den hinteren beiden Jochen des Hauptschiffs hat ein Einbau Platz gefunden, der Funktionsräume bietet; die Orgelempore dient als Bibliothek. Durch den Einbau bekommt die längsorientierte Kirche einen zentralraumartigen Charakter.
Die Pfarr- und Gemeindehäuser
Zwei Häuser in der Martinstraße gehören der Martinsgemeinde: Nr. 4 a und Nr. 5. Das ältere ist das ehemals einzige Pfarrhaus der Martinsgemeinde, Nr. 5. Es wurde 1896 fertiggestellt. Heute befindet sich in ihm ein Gemeinderaum, die Gemeindeküche sowie das Gemeindebüro. Außerdem ein weiteres Büro. Die obere Etage birgt eine Miet-, ehemals Pfarrwohnung.
Wenige Jahre jünger ist das Haus Nr. 4 a, das ehemals Diakonat genannt wurde. In ihm befindet sich unten das Amtszimmer von Pfarrer Dr. Kuhn, das Archiv sowie die Begegnungsstätte. In der oberen Etage liegt die andere ehemalige Pfarrwohnung. Sie ist derzeit privat vermietet. Zwei Zimmern im Dachgeschoss werden von der Evangelischen Grundschule für Therapiezwecke genutzt.
Beide Häuser sind – wie die Kirche – schiefergedeckte Sandsteinbauten. Aufwendige Giebelgestaltungen oder eine Säule neben dem Eingangsportal der Nr. 4 a weisen auf den Anspruch der Erbauer hin, der Kirche angemessene Bauwerke zur Seite zu stellen.
Ein weiteres (ehemaliges) Pfarrhaus befindet sich an der Baalberger Kreisstraße in Dröbel. Der Backsteinbau hat zwei Wohnungen, die privat vermietet werden.